Der Fotograf Kai Löffelbein hat das "Hannover Shots"-Stipendium 2022 erhalten. Er überzeugte die Fachjury mit seinem fotografischen Werk und dem Vorhaben, das er für Hannover geplant hatte – er begab sich auf die noch sichtbaren Spuren des kolonialen Erbes der Landeshauptstadt.

Die Recherchen Löffelbeins basieren auf dem aktuellen wissenschaftlichen Diskurs zur Postkolonialität und Herrschaft als sozialer Praxis. Motive suchte er im öffentlichen wie auch im musealen Raum – ob im sogenannten Afrika-Viertel oder im städtischen Archiv.

Kai Löffelbein wurde 1981 in Siegen geboren, er studierte Politikwissenschaft in Berlin und Fotografie an der Hochschule Hannover. Hannover ist noch immer sein Lebensmittelpunkt. Der Fotograf arbeitet an eigeninitiierten fotografischen Langzeitprojekten, u.a. in Afrika und Asien. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit sind sozio-ökonomische Globalisierungsprozesse des 21. Jahrhunderts, u.a. Produktions- und Wertschöpfungsketten und die Frage, welche Position der Mensch innerhalb dieser einnimmt. Er wurde vielfach international ausgezeichnet. Seine fotografischen Arbeiten wurden in Museen und Galerien, auf Fotofestivals und Messen international ausgestellt.

kailoeffelbein.com

Mann mit längeren Haaren in dunklem Hemd
Kai Löffelbein © Kai Löffelbein
Ausstellung

„Echo Echo - Hannover kolonial“

Die Ausstellung „Echo Echo - Hannover kolonial“ des Fotografen Kai Löffelbein wurde vom 6. bis 30. April 2023 in der Galerie für Fotografie (GAF) in Hannover gezeigt. In seiner Fotoserie setzte sich der Fotograf mit dem postkolonialen Vermächtnis Hannovers auseinander. Dafür hatte er sich im öffentlichen Raum und in musealen Sammlungen auf eine intensive Spurensuche begeben. 

Mit den Kolonialgebieten in Afrika erlangte Deutschland ab 1880 Zugriff auf wertvolle Ressourcen und menschliche Arbeitskräfte. Zwangsarbeit und Gewalt gegenüber der Bevölkerung waren Bestandteile der deutschen Kolonialpolitik. Lange Zeit fand der deutsche Kolonialismus in der nationalen Gedenk- und Erinnerungslandschaft und auch in der akademischen Forschung keinen Platz. Die Wichtigkeit, das koloniale Erbe aufzuarbeiten und damit historische Verantwortung zu übernehmen, ist erst in den letzten Jahren ins politische und öffentliche Bewusstsein gerückt. Dazu zählen z.B. die Rückgabe von Kulturobjekten aus kolonialem Kontext und die Diskussion über Denkmäler, wie auch die Benennung von Straßen oder Plätzen.

Kai Löffelbein hat sich für seine Ausstellung auf die Suche nach den vergessenen Spuren und Relikten in der Stadtlandschaft und den Archiven Hannovers begeben, aber auch koloniale Stereotype ausgemacht. So geraten das sogenannte Afrika-Viertel in Hannover-Badenstedt und bekannte Handelshäuser ebenso in seinen konzentrierten Blick, wie die Sambesi-Themenwelt des Hannoverschen Zoos. In der Haltung stets dokumentierend, verkehren sich bisweilen die Wirklichkeitsebenen in den Fotografien Löffelbeins: Was sehen wir da eigentlich? Handelt es sich wirklich um eine verunglückte Propellermaschine im Urwald?

Zur Ausstellung entstand ein Katalog.

Ausstellungseröffnung
Mittwoch, 5. April 2023, 19 Uhr, GAF Eisfabrik, Hannover
Grußwort: Belit Onay (Oberbürgermeister Hannover, Vorstandsvorsitzender HannoverStiftung)
Einführung: Prof. Dr. Karen Fromm (Hochschule Hannover / Visual Journalism and Documentary Photography, Jurymitglied Hannover Shots)

Führung durch die Ausstellung
Donnerstag, 13. April 2023, 19 Uhr, GAF Eisfabrik, Hannover
mit Kai Löffelbein und „Hannover Shots“-Jurymitglied Prof. Dr. Karen Fromm (Hochschule Hannover)

Künstlergespräch
Donnerstag, 20. April 2023, 19 Uhr, GAF Eisfabrik Hannover
mit Kai Löffelbein, Dr. Claudia Andratschke (Landesmuseum Hannover, Netzwerk Provenienzforschung Nds.), Tchadarou Abdoul (Generation Postmigration e.V.), Dr. Jens Binner (ZeitZentrum Zivilcourage)
Moderation: Hanna Legatis